1886

Ada Wright wurde am 28. April 1886 in Cook im ländlichen Tennessee (USA) geboren und war die Nachfahrin eines aus Afrika verschleppten und versklavten Menschen. Sie arbeitete bereits sehr früh als Hausangestellte bei einer irisch-amerikanischen Familie in dem Ort Chattanooga (Tennessee).

Um 1910

Anfang des 20. Jahrhunderts heiratete Ada Wright vermutlich den Mann, mit dem sie sieben Kinder bekam. Der Ehemann ist dabei der heutigen Forschung ebenso wenig bekannt wie einige ihrer Kinder. Jedoch ist sicher, dass ihr Mann bereits sehr früh verstarb und Ada Wright lange Zeit mit ihren Kindern allein lebte.

1912 und 1918

Ihre Söhne Andy Wright und Leroy Wright werden geboren.

25. März 1931

Am 25. März 1931 kam es in einem Zug auf dem Weg von Chattanooga nach Memphis (Tennessee) auf der Höhe von Paint Rock zu einem eskalierenden Streit zwischen den Fahrgäst*innen. Hierbei soll es nach Angaben des zuständigen Sheriffs zu einer Schlägerei zwischen neun Schwarzen Jugendlichen und einer unklaren Anzahl weiß gelesenen Männern gekommen sein, woraufhin die neun beschuldigten Jugendlichen von Polizeikräften aus dem Zug befördert worden sein sollen. Zwei weiß gelesene Fahrgästinnen mit den Namen Ruby Bates und Victoria Price waren ebenfalls in einer finanziellen Notlage und wollten in Memphis nach Arbeit suchen. Nach einer langen Befragung der beiden Frauen äußerten beide Vergewaltigungsanschuldigungen gegen sechs der aufgegriffenen Jugendlichen. Die Jugendlichen wurden noch am gleichen Tag verhaftet, anschließend wegen Vergewaltigung angeklagt und bereits während der Überführung nach Scottsboro öffentlich zur Schau gestellt.

6. April 1931

Am sechsten April 1931 startete der erste Prozesstag, wobei sich die Jugendlichen gegen die Aussagen der beiden Frauen hinsichtlich einer stattgefundenen Vergewaltigung wehrten. Die Anschuldigung der Vergewaltigung von Schwarzen Männern an weiß gelesenen Frauen war bereits damals ein gängiges Narrativ und Mittel zur rassistischen Diffamierung Schwarzer Menschen. Im Fall Scottsboro kam allen Anschein nach auch dieses Narrativ zum Tragen, da die ausschließlich von weißen Männern besetzte Jury bis auf den jungen Leroy alle Angeklagten zum Tode durch den elektrischen Stuhl verurteilte. Zu diesem Zeitpunkt schalteten sich die in Chattanooga stark vertretenden kommunistischen Verbände im Süden der USA ein, welche eine angemessene Verteidigung der Angeklagten verfolgten und auch außerhalb des Gerichtssaals eine kommunistische Verteidigungskampagne in die Wege leiteten. Die Aufrufe der International Labour Defense (ILD) richteten sich dabei an alle Arbeiter*innen, um sich gegen den rassistisch geführten Prozess zu vereinigen, wenngleich der Fokus auf die Angeklagten in der Rolle als Arbeiter gelegt wurde. Als wichtiges Argument der Verteidigung wurde sich auf ärztliche Befunde bei Victoria Price und Ruby Bates bezogen, welche bei ihnen kein passendes Sperma feststellen konnten. Der nächste Schritt der Verteidigungslinie, in welcher die Frauen als Prostituierte bezeichnet und diffamiert wurden, war innerhalb der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse mehr oder weniger eine logische Konsequenz. Die Behauptung konnte jedoch nicht bestätigt werden. Mit mehr Demonstrationen und öffentlichen Protesten wuchs dabei auch die kommunistisch geprägte internationale Verteidigungskampagne, welche in Zusammenarbeit mit den europäischen Unterstützer*innen Ada Wright und andere Mütter der angeklagten Jugendlichen als Sprecherinnen aktivierten.

April 1931 – Mai 1932

Ada spielte dabei eine tragende Rolle, da sie mit internationaler Unterstützung und unter Begleitung der kommunistischen Organisationen eine internationale Protesttour startete. Zunächst besucht sie einflussreiche US-Städte wie Chicago oder New York, um Proteste zu organisieren.

7. Mai 1932

Als sie am siebten Mai 1932 nach einer langen Schiffsfahrt den Hafen in Hamburg erreichte, ließ sich eine Welle der Aufmerksamkeit und Solidarität mit dem Fall von Scottsboro feststellen. In einem Aufruf der Internationalen Roten Hilfe (IRH) zusammen mit der Liga gegen Imperialismus (LAI) wurde der 7. Mai als internationaler Scottsboro-Tag ausgerufen. Hierbei lässt sich sowohl die enge Zusammenarbeit von kommunistischen Verbänden mit anti-imperialistischen Organisationen wie der LAI als auch folglich die aktive intersektionale Bedienung der Kategorien von race und class erkennen. In diesem Zusammenhang wurde von der auf Arbeiter*innen sehr authentisch wirkende Sprache Adas, welche sich aus den Komponenten von südstaatlichem Dialekt, einfacher Sprache, religiöser Überzeugung und Emotionalität zusammensetzte, berichtet. Dabei erfolgte oft auch die Stilisierung ihrer Rolle als fürsorgliche Mutter, die sich über die territorialen Grenzen hinweg leidenschaftlich für ihre Kinder einsetzte.

15. Mai 1932

Die Zeitung „Der Funke“ kritisierte am 15. Mai 1932 mit dem Titel „Der geplante Justizmord in Amerika. Unerhörtes Verbot durch Grzesinski“ ein weiters von Rassismus geprägtes Urteil. Dabei ging es nicht primär um die Unterstützung für die angeklagten Jugendlichen, vielmehr kritisierte die Zeitung die Entscheidung des damaligen Berliner Polizeipräsidenten, welcher Ada den Auftritt, die gesamte Teilnahme sowie das Verlesen ihres Protestschreibens an der geplanten Veranstaltung in Berlin untersagte. „Der Funke“ führte diese Entscheidung auf eine politische Enthaltsamkeit gegenüber anderen Staaten zurück und dekonstruierte im direkten Anschluss diese augenscheinliche Begründung mit Beispielen, bei denen in der Vergangenheit bewusst anders entschieden worden war. Andere Zeitungen und Zeitschriften wie der nationalsozialistisch gesinnte „Der Angriff“ diffamierten mit rassistischen Argumenten Adas Vorhaben, indem sie ihr illegale Machenschaften mit den kommunistischen Organisationen und Verbänden nachsagten und ihr Vorhaben als bewusst initiiertes Schauspiel, bezeichneten. Ähnlich wie in Berlin wurden auch Adas geplanten Auftritte in Hamburg, Bremen und vielen weiteren deutschen Städten abgesagt und unter ähnliche Bedingungen wie in Berlin gestellt. Grundlage dafür war unter anderem die vorgegebene Richtlinie des damaligen Reichswehrministers Wilhelm Groener, welcher aufgrund der zu pflegenden diplomatischen Beziehungen in die USA keine politischen Differenzen zwischen den Ländern hervorrufen wollte. Trotz der rassistischen Widerstände seitens der Behörden, konnte Ada in Deutschland eine große Masse an Menschen zu Protesten organisieren. Nach ihrem Besuch in Deutschland bereiste Ada zusammen mit Louis Engdahl viele europäische Länder, darunter Großbritannien, Frankreich, Norwegen und die UdSSR.

5. September 1932

Auf ihrer Reise durch Tschechien im September 1932 wurde Ada aufgrund des Verdachts der kommunistischen Propaganda festgenommen und drei Tage im Gefängnis festgehalten. Ihre Unterstützer*innen vermuteten dahinter die amerikanische Botschaft und eine klare Handlungsanweisung zur Verhinderung Adas Protestaktionen.

Oktober 1932

Im Oktober 1932 bestätigte der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten die Anklagepunkte sowie gerichtlichen Entscheidungen der Geschworenen und gab den Fall wieder in den Bundesstaat Alabama zurück, wo eine Neuaufnahme des Prozesses begann. Hierbei organisierten die kommunistischen Verbände den Anwalt Samuel Leibowitz, dessen Arbeit sich zur damaligen Zeit durch eine zielführende Verknüpfung von fachlicher Kompetenz und demokratischer Haltung auszeichnete. Im Laufe des Prozesses zog Ruby Bates jedoch ihre Anschuldigung der Vergewaltigung zurück und behauptete nun von der örtlichen Polizei zu ihrer Aussage gedrängt worden zu sein. Ihre Kehrtwende galt für viele der Unterstützer*innen der Scottsboro-Boys als endgültiger Beweis dessen Unschuld. Ruby Bates sah sich nach ihrer Aussage nun auf der Seite der Unterstützer*innen der Angeklagten.

November / Dezember 1932

Ada Wright kehrte in die USA nach dem krankheitsbedingten Tod ihres Begleiters Louis Engdahls in Moskau zurück, wo sie sich weiterhin für die Kampgange einsetzte und öffentlich auftrat.

Nach 1932

Sie kämpfte folgenden Jahre immer weiter für die Gerechtigkeit für ihre Söhne, den Atlantik überquerte sie jedoch nicht noch einmal. Es wird angenommen, dass sie wieder als Aushilfe in einem amerikanischen Haushalt arbeitete.

1937

Ihr Einsatz zeigte jedoch in Teilen Erfolg: Die abschließenden Urteile beinhalteten die Aufhebung der Todesstrafe, jedoch keine Freisprüche. Andy Wright wurde zu 99 Jahren Haft verurteilt, kam jedoch frühzeitig wieder frei, musste im Anschluss aber wieder in Haft. Gegen den anderen Sohn von Ada, Leroy Wright, wurden die Anklagepunkte fallengelassen.

2013

Erst 2013 wurde Andy Wright mit zwei anderen angeklagten Jugendlichen im „Scottsboro-Fall“ posthum begnadigt.

Bildnachweise

  • Kachel: International Labor Defender (October 1932)
  • Banner: International Labor Defender (October 1932); picture alliance / ASSOCIATED PRESS, Nr. 368991031
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