28. Oktober 1892
Josef Sewonu wurde in Lomé geboren. Lomé ist die Hauptstadt von Togo und war zu diesem Zeitpunkt eine Kolonie des deutschen Kaiserreiches. Sein Vater Jakob Abraham Adjalle war laut SPIEGEL-Recherche von 1948 zu diesem Zeitpunkt König von Togo. Josef lernte bereits als Kind bzw. Jugendlicher in Lomé deutsch.
Um 1904-1916
Josef wurde mit zwölf Jahren von seinem Vater nach Hamburg geschickt und machte dort eine Ausbildung zum Kaufmann. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war Josef 19 Jahre alt und meldete sich freiwillig für die Armee. 1916 duldete das deutsche Kaiserreich keine Schwarzen Soldaten in seiner Armee mehr. Trotz seines Einsatzes, bei dem er eine Schussverletzung am Kopf erlitten hatte, musste Josef demnach das Militär verlassen.
1916-1921
Josef zog nach Wiesbaden und arbeitete als Nachtportier in einem Hotel. Er lernte seine weiße Freundin Rosa Make kennen, die er am 15. Mai 1920 heiratete. Am 13. Juni 1920 bekamen die beiden ihr erstes Kind: Arthur Sewonu. Am 16. Juli 1921 starb Josef, vermutlich an den Folgen seiner Kriegsverletzung.
1920-1933
Arthur Sewonu wuchs bei seiner Mutter Rosa auf und plante, so wie sein Vater Arthur, eine Lehre als Kaufmann zu machen. Doch aufgrund rassistischer Diskriminierungen wurden seine Bewerbungen alle abgelehnt, weshalb er zwei Jahre nach einer Anstellung suchen musste. Schließlich entschied er auf Anraten seines Großvaters eine Ausbildung zum Autoschlosser zu machen, weil dies die „unauffälligste Sache“ wäre.
1933-1945
Während der NS-Zeit lernte Arthur seine weiße Freundin Lydia Birlenbach kennen. Das NS-Regime verbot Beziehungen von allen Menschen, welche nicht den ideologischen Vorstellungen der Nationalsozialist*innen entsprachen, sodass die Beziehung geheim bleiben musste. Lydia wurde laut der SPIEGEL-Recherche mehrfach dazu von der Gestapo verhört. Doch Arthur und Lydia konnten sich erfolgreich den rassistischen NS-Gesetzen widersetzen und blieben bis zum Kriegsende unentdeckt zusammen. Während des Krieges wurde Arthur die deutsche Staatsbürgerschaft durch das NS-Regime entzogen.
1945-1947
Wiesbaden lag in der US-Amerikanischen Besatzungszone. Arthur und Lydia heirateten am 22. April 1945. Wenig später bekamen sie ihr erstes Kind. Am 04. März 1946 wurde Arthur von der US-Amerikanischen Militärregierung als staatenlos registriert. Auch ihr Sohn wurde am ersten November 1947 als staatenlos vermerkt. 1948 bekamen Lydia und Arthur ihr zweites Kind.
Juni 1948
Die Familie erreichte die Nachricht, dass der Großvater Arthurs in Togo verstorben sei und Arthur mit seiner Familie als rechtmäßiger Thronfolger nach Lomé reisen könnte. Die vierköpfige Familie entschied sich das Angebot anzunehmen. Arthur und dem ältesten Sohn der Familie gelang es die deutsche Staatsbürgerschaft zurückzuerlangen. Arthur gründete im Juni 1948 ein Transportunternehmen in Wiesbaden und betrieb dieses bis Juli 1949.
03.12.1948
DER SPIEGEL veröffentlichte einen Artikel über die Familiengeschichte der Sewonus. In dem Artikel wurden anti-Schwarzen-rassistische Strukturen der Nachkriegszeit deutlich sichtbar. Das journalistische Interesse lag in erster Linie auf den Haut- und Haarfarben der Familie, wodurch rassistische Unterschiede zur weißen Mehrheitsgesellschaft künstlich konstruiert wurden.
Anfang 1949
Arthur wurde aufgrund des Vorwurfs des illegalen Fleischhandels zu einer zehnmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Ein Bericht der Polizei, der die Festnahme und den Vorwurf dokumentierte, ist nicht überliefert. Über diesen Vorfall berichteten DER SPIEGEL und der Wiesbadener Kurier. Beide Artikel bedienen fast ausschließlich rassistische Narrative.
Ab 1950
Die Familie blieb nach Arthurs Freilassung aller Wahrscheinlichkeit nach in Wiesbaden. 1964 eröffnete Arthur eine Gaststätte in der Feldstraße in Wiesbaden. 1965 starb Arthur im Alter von 44 Jahren, ebenfalls in Wiesbaden.
Bildnachweise
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